Ich poste heute eine kleine Episode aus meinem Leben (oder nicht?) und ein Gedicht.
Ob ich mir diese Geschichte ausgedacht
habe, überlasse ich euren bösen Phantasien und dem, was ihr mir
zutraut. Ich sage weder, dass sie wahr ist, noch dass ich sie mir
ausgedacht habe.
Ich bin neulich S-Bahn gefahren. Ich tu
das manchmal, ich setze mich in eine Bahn und der Bahnfahrer weiß,
wo ich hinwill. Das ist genial, danke BVG und Bahn AG für diesen
Service. Das einzige, was mich am Bahnfahren stört sind die
Mitmenschen, denen man dort so ausgesetzt wird. Ich bin in Berlin,
Greifswalder Straße eingestiegen, dort ist die Bahn meist sehr voll
und es steigen oft auch noch einige Menschen ein. Alles in allem ein
'Paradies' für Menschenhasser wie mich. Ich habe oft Kopfhörer auf,
sehr gut sichtbar auf meinem Kopf positioniert, um meinen Mitmenschen
zu signalisieren: „Der ist weg, der ist gar nicht anwesend, der
schwebt in seiner Wolke aus Musik und Emo-Gedanken. Wahrscheinlich
hört der Metal, nein, so grimmig wie der guckt sogar ganz sicher.
Headbangt der nicht ein wenig? Ja, ganz klar, Metal. Dann hört der
uns bestimmt nicht reden.“ Ja, das denken Menschen, wenn sie mich
sehn, ganz genau das. Nur höre ich keine Musik. Denn ich
signalisiere den Menschen, sie seien unter sich und könnten lästern,
was dafür sorgt, dass ich sie gut belauschen kann. Ich steige also
mit meinen gut sichtbaren Kopfhörern, durch die keine Musik in meinen Kopf strömt, in
diese Bahn, vor mich stellen sich eine alte Frau und eine Freundin derer. An
ihnen vorbei ist gerade ein türkischer Mitbürger, der sich den
letzten Sitzplatz klargemacht hat. Darauf schaut eine der alten Frauen die
andere an und sagt: „Erst klauen uns diese widerlichen Ausländer die
Arbeitsplätze und jetzt nehmen sie uns auch noch die Sitzplätze
weg. Beim Adolf hätte es das nicht gegeben.“
Ich muss mir mein Lachen verkneifen und
würde sie gerne darauf hinweisen, dass IHR gar kein Arbeitsplatz
gestohlen wird und dass ihr Tod sogar gut für Deutschland wäre,
weil sie die Rentenkasse belastet, in die der Türke mit dem Gehalt
von seinem gestohlenen Arbeitsplatz einzahlt. Aber ich sage nichts.
Bei der nächsten Station waren die
beiden schon wieder draußen. Hat sich das Meckern ja gelohnt. Aber
was soll's, die beiden sahen so aus, als ob sie sonst keine
Lebensinhalte mehr hätten. Stattdessen steigen nun 2 wirklich süße
Mädchen ein. Sie sind wahrscheinlich 2 Jahre jünger als ich, ihre
Gesichtszüge haben die Kindlichkeit noch nicht ganz abgelegt, aber
das überdecken sie gekonnt mit ein wenig Schminke. Und, was soll's,
sie sind alt genug. Sie stehen direkt vor mir und kichern. Ich gucke
unbeteiligt, übellaunig umher, und höre die eine tuscheln: „Der
wäre doch auch was für dich.“, während sie unauffällig auf mich
zeigt. Ich hätte es nicht gemerkt, wenn ich wirklich Musik hören
würde. Nun muss ich mir ein Lächeln verkneifen. Wie niedlich. Die andere wird ganz rot. Herrlicher Triumph. Angewidert verzieht sie das
Gesicht, zeigt auf einen alten, dicken, schwitzenden Mann, der zwei
Sitzplätze mit seinem Arsch einnimmt und den Rest der
Vierersitztgruppe mit seinen dicken Beinen versperrt. „Ja und der
wäre was für dich.“ - „Okay, die Runde geht an dich...“
Niedergeschlagenheit. Ich fummele an
meinem Kopfhörerkabel, funkele die beiden böse an, ziehe den
MP3-Player am Kabel aus meiner Hosentasche, mache ihn an und stelle
ihn auf SEHR laut.
Ich hasse Frauen.
Ich will ihnen doch nur gefallen, warum
sind sie so gemein zu mir? Ich hab ihnen doch gar nichts getan. Naja, anscheinend haben nicht nur ihre Gesichter die Kindlichkeit noch nicht ganz abgelegt.
Ich bin froh, endlich aussteigen zu
können. Ich bin am Ostkreuz und es gibt bis ich in Erkner ankomme keine
besonderen Ereignisse mehr. Dort steige ich aus der Bahn, vor mir ein
bildschönes blondes Mädchen, das ich schon im Waggon klammheimlich beobachtet habe. In meinen Ohren klingt weiter die
Musik, während ich immer weiter, in ihrem Tempo hinter ihr her, meines Weges
gehe. Es ist dunkel und außer uns beiden ist kaum jemand auf der
Straße, um nicht zu sagen, niemand ist auf der Straße. Sie guckt
sich manchmal ein wenig skeptisch um, zwei mal wechsele ich
zeitgleich mit ihr die Straßenseite. Ich muss ganz schön creepy auf
sie gewirkt haben und es kommt mir vor, als wäre Blondie ein wenig
nervös. Aber was kümmert es mich? Ich hab schließlich nichts Böses
im Sinn. Ich laufe nur durch die Stadt, zufällig auf der gleichen
Route wie sie. Irgendwann bleibt sie stehen und dreht sich zu mir um,
ich sehe, wie sich ihr Mund bewegt.
Ich setze die Kopfhörer ab. Eloquent
formuliere ich die Frage, die wie ein Feuerwerk aus meinem Mund
sprüht. „Hm?“
Sie guckt mich zickig an. „Ich kann
Karate und habe Pfefferspray dabei.“
Ich blicke sie an, hoffend, dass man mir nicht ansieht, wie verwirrt ich bin. So ruhig wie ich kann, entgegne ich:
„Es ist nett, dass du das sagst, ich wollte gerade über dich
herfallen. Schwein gehabt.“
Während ich jegliche Form von Gefühlsregung in meinem Gesicht unterbinde, sehe ich, wie sich ein Grinsen auf ihrem Gesicht anbahnt. Sie ist
wirklich schön, wenn sie so lächelt. Ihre goldblonden Haare
umrahmen ihr mit feinen Zügen gespicktes Gesicht. Ganz anders als
noch gerade eben. Im gleichen Moment setze ich mich in Bewegung, und
während ich meine Kopfhörer aufsetze, sagt sie: „Hey, warte, wie
heißt du?“. Ich mache die Musik an und laufe, sie nicht beachtend,
weiter. Ihr habe ich gefallen.
Und direkt hinterher noch das Gedicht, es ist kein Meisterwerk und wurde auf einem Rewekassenbeleg geschrieben, während ich Bahn fuhr und mir über meine gescheiterte Beziehung Gedanken gemacht habe.
Wenn 2 Seelen einander streifen, ineinander greifen
und sich nicht mehr loslassen,
dann wird aus zweien eine.
Doch möchte eine Seele diese Symbiose aufheben, ein neues Leben erleben,
werden sich daraus Probleme ergeben;
Aus Liebe wird Hass und Schmerz,
ein gebrochenes Herz.
Diese Verantwortung sollte nicht jeder übernehmen (dürfen).
und sich nicht mehr loslassen,
dann wird aus zweien eine.
Doch möchte eine Seele diese Symbiose aufheben, ein neues Leben erleben,
werden sich daraus Probleme ergeben;
Aus Liebe wird Hass und Schmerz,
ein gebrochenes Herz.
Diese Verantwortung sollte nicht jeder übernehmen (dürfen).
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