Montag, 5. November 2012

Der erste Tag - Das Grauen beginnt (Teil 4)

„Natürlich. Natürlich koch ich für die Jungs, kein Problem. Überhaupt kein Problem, ich tu's gern. Ich hab ja sonst nichts zu tun. Nein. Hauptsache, die Jungen werden satt, ist ja nicht so, dass ich keine anderen Probleme hätte. Blöde Machos... Soll'n sie sich mal einen Bunten machen, ich koch so lang hier drin, ist ja nicht so, dass es ziemlich unheimlich ist, allein in diesem riesigen Haus, in dieser Küche, hier, wo alles irgendwie ein Geräusch macht. Nein, es ist alles super...“, dachte Sandy während sie Töpfe, Pfannen, Gewürze und alles, was sie noch so brauchte zusammensammelte um ein wahres Festmahl zuzubereiten. Sie war in Rage, aber eigentlich fand sie es gar nicht so schlimm, endlich mal ein wenig Ruhe und Zeit zum Nachdenken zu haben. Die Jungs würden jetzt wohl auf ihren Zimmern sein oder in kleineren Grüppchen einfach ein wenig quatschen, so dass sie nachher alle wieder miteinander reden konnten und sich nicht zu sehr auf den Geist gingen. Es war schon hart, so aufeinanderzuhocken und zu wissen, nicht wegzukönnen, aber sie kannten sich schließlich alle schon lang und waren (fast) erwachsene Menschen, der Aufenthalt hier würde sie garantiert zusammenschweißen. Sie hackte ein paar Zwiebeln und gab sie in die Pfanne, kippte ein wenig Öl hinterher, ließ alles gut anbraten und gab dann das Fleisch dazu, das sie noch in der Pfanne würzte, parallel kochte sie eine leckere Soße und in der Fritteuse würden gleich die großen dicken Pommes frites zubereitet werden, die sie so liebte. Und wer sich wagte am Essen zu nörgeln würde den Weg nach Hause laufen. Das schwor sie sich.
Alles duftete wunderbar, sie deckte den Tisch und rief Tom auf dem Handy an, er solle die anderen zusammentrommeln, es gebe nun Essen. 5 Minuten später waren alle versammelt und jedem lief das Wasser im Munde zusammen, als sie das köstlich anmutende Mahl sahen, das Sandy ihnen kredenzt hatte.
Während sie aßen gab es eine Menge Witze, blöde Sprüche, Lästereien über die Menschen in der Heimat und ähnlich oberflächliches Geplänkel, bis Tom, mit vollem Mund, fragte: „Was'n in dem Schrank im Gerätschuppm..?“ Mitch funkelte ihn finster an, wurde aber ignoriert, während Sandy  zunächst fragte, ob er den Mund nicht noch ein wenig voller machen könne, weil man ihn dann besser verstünde. Er war gerade im Begriff es zu tun, da hob sie ihre Hand und ließ ihn stoppen, sowas konnte sie gerade nicht gebrauchen. „In welchem Schrank meinst du?“, fragt sie ihn und er antwortete nur, er meine den, der mit der rostigen Kette verschlossen war. Sandy entgegnete, das gehe ihn nichts an und damit war das Thema vom Tisch. Mitch blickte noch einmal böse zu Tom, danach ging es weiter wie zuvor.

Ich sitze mit Derick und Mitch in Dericks Zimmer, während sich Mitch über Tom aufregt. Ich fühle mich wie in irgendeiner Soap. „Warum hat er es nur erwähnt? Dieser Idiot. Wir hätten die Kette einfach aufbrechen können und in den Schrank gucken und niemandem wäre es aufgefallen. Sandy hätte gedacht, die Kette sei schon kaputt gewesen und es wäre okay. Gottverdammt, dieser Trottel. Hauptsache schleimen. 'Das können wir nicht machen..' wähwähwäh“, sprudelte es aus ihm heraus und es nahm seit 10 Minuten eigentlich gar kein Ende mehr. Ich blicke ihn genervt an und frage, warum es ihm so wichtig sei, was darin ist. Es sei nur ein Schrank und nichts besonderes, nichts, was es wert wäre, weiter untersucht zu werden. Wir seien nunmal Gäste hier und müssten unsere Gastgeberin 'gehorchen'. Daraufhin brach sein Redestrom ab und er nannte auch mich eine Memme, verweichleicht, aber wer wüsse schon, was ich mit Sandy mache, da könne ich mir sowas natürlich nicht erlauben. Er hat wohl eine lebhafte Fantasie, aber soll er glauben, was er will, es ist mir egal.
Langsam bricht der Abend herein und mit dem ausbleiben der Sonnenstrahlen zieht auch wieder eine gedrückte Atmosphäre in das riesige Haus ein. Wir sind nun wieder abgeschnitten. Ich rufe Sandy, Tom und Dick an, sie sollten doch bitte in Dericks Zimmer kommen, damit wir nicht die ganze Zeit getrennt sind. Während wir einfach nur da sitzen und quatschen, zieht die Nacht herauf und bald gehen alle schlafen. Fünf Minuten vor Mitternacht ist auch das letzte Licht gelöscht und ich liege unruhig in meinem Bett. Ich hasse es, allein zu sein, auch wenn die anderen ganz nah sind. Ich finde, wir sollten alle zusammen in einem Zimmer übernachten, denke ich mir, während ich einschlafe und noch ein letztes Mal an mein Schockerlebnis letzte Nacht denke.

In dieser Nacht huscht ein schwarzer Schatten über das Gelände des Hotels, nur ganz sanft bestrahlt vom Mond, der ab und zu hinter dichten Wolken zum Vorschein kommt. Ab und zu ein Knacken, ab und zu eine Tür, die geöffnet und geschlossen wird, ein Knarren, ein Rasseln, ein Rascheln hier, ein Rascheln da. Nichts, worüber man sich Gedanken machen müsste.
Es sind ja ohnehin nur sie da.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen